Das Kinderhilfswerk Plan International setzt in einem Projekt in Tansania auf Aufklärung und die Schaffung alternativer Erwerbsmöglichkeiten, um Kinderrechte zu sichern und unterstützt arbeitende Kinder dabei, zur Schulbildung zurückzukehren oder eine Ausbildung zu machen.
Justina war zwölf Jahre alt, als sie begann in der Mine zu arbeiten. „Unsere Eltern konnten es sich nicht leisten uns mit Schulmaterialien zu unterstützen“, erzählt sie. „Um der Armut zu Hause zu entkommen, überzeugte mich eine Freundin, die als Steinbrecherin arbeitete, mich ihr in der Msasa Mine anzuschließen.“ Dafür brach das Mädchen die Schule nach der fünften Klasse ab, um von nun an Steine zu zerkleinern und in Taschen zu füllen. Einen Teil ihres Lohns behielt sie für ihren täglichen Bedarf, den Rest schickte sie nach Hause.
In der Region Geita in Tansania ist extreme Armut weit verbreitet. Deshalb arbeiten viele Kinder, um zum Einkommen ihrer Familie beizutragen. Vor allem Kinderarbeit im Kleinbergbau zur Goldgewinnung kommt in Geita häufig vor.
Es sind meist die Jungen, die in den Minen arbeiten. Sie verrichten dort sehr harte und gefährliche Arbeit. Mineneinstürze und Explosionen stellen eine immer präsente Gefahr für ihre Gesundheit und ihr Leben dar. Der Kontakt zu gesundheitsschädigenden Chemikalien, die schlechte Belüftung in den Minen und die Effekte von Lärm, Erschütterung und Überarbeitung stellen eine fatale Belastung für das sich noch entwickelnde Gesundheitssystem der Kinder da und können nachhaltige Schäden hinterlassen. Viele Mädchen arbeiten in den Restaurants und Bars rund um die Kleinminen. Sie arbeiten dort zum Teil bis zu 14 Stunden am Tag und sind einem hohen Risiko von Gewalt und Missbrauch ausgesetzt.
Häufig gehen die Kinder aufgrund ihrer Arbeit nicht zur Schule – der Kreislauf der Armut schließt sich.
Justina erzählt: „Die Entlohnung war sehr gering und die Arbeitsbedingungen schlecht. Uns wurde keine Schutzkleidung gegeben, das Trinkwasser war schlecht und wir waren in ungeeigneten, provisorischen mit Grass gedeckten Häusern untergebracht. Der Platz hatte schlechte Gesundheits-, Umwelts- und Sanitärbedingungen. Wir sahen uns auch mit sexueller Belästigung konfrontiert, niemand war zu unserem Schutz da.“
Plan International arbeitet seit 2012 in der Region Geita, mit dem Ziel Mädchen und Jungen vor der gefährlichen und ausbeuterischen Kinderarbeit zu schützen. Arbeitende Mädchen und Jungen sollen die Chance erhalten, wieder zur Schule zu gehen oder eine Ausbildung zu machen. Mit verschiedenen gezielten Maßnahmen versetzt das Kinderhilfswerk zum einen Familien in die Lage, dass sie nicht mehr auf die Arbeit ihrer Kinder angewiesen sind, und fördert zum anderen die Aufklärung über Kinderrechte und ihre Umsetzung.
In Spargruppen erhalten Gemeindemitglieder die Möglichkeit Guthaben anzusparen und kleine Kredite zu erhalten, damit sie sich alternative Erwerbsmöglichkeiten aufbauen und ihre Kinder zur Schule schicken können. Während Informationsveranstaltungen erlernen Mitglieder den Umgang mit Spargruppen und können sich in gemeinschaftlichen Sitzungen austauschen und gemeinsame Projekte planen. Auch Jugendliche schließen sich in Spargruppen zusammen. Eine von ihnen ist die dreizehnjährige Elizabeth. Sie erzählt: „Ich kaufte Schul-Schuhe, eine Tasche und eine Uniform. Dann hatte ich noch 10.000 TZS (Tansania-Schilling) und kaufte ein Bund Bananen, welches meine Mutter heranreifen ließ. Der Verkauf der Bananen kam nicht nur mir zu Gute, sondern auch den anderen Familienmitgliedern. Das Bananen-Unternehmen gedieh. Es hilft Mama uns zu ernähren und meine Ersparnisse in der Gruppe zu erhalten. Mein größter Wunsch ist es, gute Noten in der Schule zu erhalten, indem ich hart arbeite und später eine große Unternehmerin zu werden, um meine Familie und die anderen Jugendlichen zu unterstützen.“
Berufliche Schulungen und Ausbildungen in lokalen Handwerksbetrieben ermöglichen es Jugendlichen, in Zukunft ein sicheres Einkommen für sich zu erwirtschaften. Auch Justina nahm an einem berufsbildenden Training von Plan International teil. Sie berichtet: „September 2017 war ein Wendepunkt für mich. Als ich mein letztes Geld nach Hause brachte, informierte mich meine Mutter über das im Dorf ansässige berufsbildende Training, das Plan durch CODERT anbot. (…) Der Dorf-Vertreter kam und nahm mich zu dem Training mit, wo ich Beratung und Sensibilisierung für die schlimmsten Formen von Kinderarbeit erhielt. Da ich ein Opfer war, arbeitete ich mit ihnen für meine Befreiung zusammen. Im Oktober nahm ich am Näh-Unterricht teil. Ich lernte schnell. Ich arbeite nun sieben Monate in dem Unternehmen; Ich kann Röcke, Shirts und Kleider designen und herstellen. Ich nähe nun Schul-Shirts und Röcke, die ich auf dem Markt verkaufe. (…) Ich bekomme Geld welches mir ermöglicht, meiner Mutter und anderen Familienmitgliedern beizustehen.“
Da es keine Betreuungsangebote für Kleinkinder gibt, während ihre Eltern in den Minen arbeiten, bleiben sie oft unbeaufsichtigt oder werden mit zu den Minen genommen. Plan International schult daher Erzieherinnen und Erzieher, mit dem Ziel, mehr Kinder in die Vorschulen zu bringen.
Durch Sport- und Spielaktivitäten, Theateraufführungen und Schreibwettbewerbe an Grundschulen soll der Schulbesuch attraktiver gemacht werden und verhindert werden, dass Kinder die Schule vorzeitig abbrechen. Enok, ein ehemaliger Kinderarbeiter erzählt, wie er zurück zur Schule kam: Enok hatte in der dritten Klasse die Schule abgebrochen, da seine Familie ihn nicht mit Schulmaterialien unterstützen konnte. Stattdessen arbeitete er als Hirte und half in der Landwirtschaft, um Geld zu verdienen. Eines Tages kam er auf dem Rückweg von der Arbeit an einer Gruppe Schüler*innen vorbei, die jubelten und riefen. Neugierig fragte er nach und erfuhr von Sport-Wettkämpfen, die gerade stattfanden. Dieses Erlebnis verfolgte ihn einige Tage lang und schließlich entschloss er sich, seine zwei Ziegen zu verkaufen und zurück zur Schule zu gehen. Mittlerweile ist er ein guter Schüler und träumt davon, später professioneller Fußballer zu werden.
Die Mädchen und Jungen sind rund um die Minen einem besonders hohen Risiko von sexueller Gewalt und Missbrauch ausgesetzt. Plan International hat deshalb Gemeindehelferinnen und Gemeindehelfer in Sozialarbeit fortgebildet und sie darin geschult mit Kindesmissbrauch und Kinderarbeit umzugehen, um anschließend psychosoziale Unterstützung für betroffene Jugendliche zu leisten. Jugendfreundliche Gesundheitsdienste informieren Kinder und Jugendliche über sexuelle und reproduktive Rechte
Um die Umsetzung von Sicherheitsvorschriften und der Verbesserung von Arbeitsbedingungen sowie der Einhaltung von Kinderschutzrichtlinien innerhalb der Minen zu fördern, führt die NGO mit Unterstützung von zuständigen Behörden zahlreiche Informationsveranstaltungen in den Minen durch, mit dem Ziel, Kinderarbeit innerhalb der Kleinminen abzuschaffen.
Ein besonderer Aspekt der Arbeit von Plan International ist die Gründung von Kinderschutzteams. So kommen die Kinder selbst zu Wort, können ihr Recht auf Beteiligung wahrnehmen und ihre Forderungen und Bedürfnisse artikulieren. Sie werden in ihren Rechten geschult und übernehmen eine wichtige Rolle in der Sicherung des Kinderschutzes in ihren Gemeinden, indem sie Fälle von Kinderrechtsverletzungen und Gewalt verfolgen und anprangern. Plan International organisiert zudem Veranstaltungen, bei denen die erwachsenen Gemeindeglieder über Kinderschutzrichtlinien informiert werden und lernen, wie sie die Kinderschutzteams in ihrer wichtigen Arbeit unterstützen können.
Durch die vielfältigen Maßnahmen gelingt es Plan International, Kinder in ihren Rechten zu stärken und den Schulbesuch zu fördern.
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Quelle: Plan International Deutschland e.V.: Maßnahmen gegen Kinderarbeit in Tansania