Gewalt gegen Kinder – betrifft uns alle!

"Wenn wir Kinder vor Gewalt beschützen, dann verhindern wir nicht nur tragische
Einzelschicksale und unterstützen das Aufwachsen und die Entwicklung der Kinder,
wir unterstützen auch die Stärke und Stabilität ihrer Gesellschaften."
Ehemaliger UNICEF-Geschäftsführer Anthony Lake

Worum geht es?

Gewalt macht Kinder krank: emotional und körperlich. Sie zerstört das Selbstvertrauen von Kindern und führt zu Depressionen. Gewalt hat lebenslange negative Folgen und beeinträchtigt die gesamte Entwicklung eines Kindes. Und doch gehört Gewalt für Millionen Kinder weltweit zum Alltag.

Es gibt unterschiedliche Typisierungen von Gewalt gegen Kinder. International sind nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO), UNICEF und den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) folgende vier Arten von Missbrauch und Vernachlässigung anerkannt:

  1. Körperlicher Missbrauch: Die absichtliche Anwendung von körperlicher Gewalt, die zu körperlichen Problemen führen kann. Beispiele dafür sind Schläge, Treten, Schütteln, Verbrennungen oder andere Gewalteinwirkungen auf ein Kind. Unterschieden wird hier zwischen
    • Gewalt in der Erziehung durch Eltern und Erziehungsberechtigte im häuslichen Umfeld,
    • Gewalt in der Schule,
    • Jugendgewalt & gewaltsame Todesfälle von Jugendlichen, worunter überwiegend Jungen zu leiden haben.
  2. Sexueller Missbrauch bedeutet, ein Kind unter Druck zu setzen oder zu zwingen, sich an sexuellen Handlungen zu beteiligen. Es beinhaltet Verhaltensweisen wie Streicheln, Penetration, das Aussetzen eines Kindes gegenüber anderen sexuellen Aktivitäten sowie Handlungen sexueller Natur, die keinen direkten Kontakt beinhalten (wie sexuelle Belästigung oder pornografische Nutzung von Bildern, insbesondere im Internet).
    Mit der Pubertät kommt noch sexuelle Gewalt durch Gleichaltrige und in der Partnerschaft hinzu, denen Mädchen deutlich häufiger ausgesetzt sind als Jungen.
  3. Emotionaler Missbrauch bezieht sich auf Verhaltensweisen, die dem Selbstwertgefühl oder dem emotionalen Wohlbefinden eines Kindes schaden. Beispiele sind Ablehnung, Liebesentzug, Bedrohungen, Verachtung, Erniedrigung wie auch - unter Gleichaltrigen - Mobbing in der Schule oder im Internet.
  4. Vernachlässigung ist das Versagen, einem Kind die grundlegenden körperlichen und emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen. Diese Bedürfnisse umfassen Unterkunft, Nahrung, Kleidung, Hygiene, Bildung und Zugang zu medizinischer Versorgung sowie Aufmerksamkeit und Geborgenheit.

Kinder können in jedem Alter Opfer von Gewalt werden. Je nach Alter und Entwicklungsstadium sind Kinder für die verschiedenen Gewaltformen besonders gefährdet, und diese treten unterschiedlich häufig auf. Körperlichem und sexuellem Missbrauch durch Erziehungsberechtigte und Erwachsene sind vor allem kleinere Kinder ausgesetzt. Diese Form der Misshandlung lässt mit zunehmendem Alter langsam nach. Wenn Kinder die Pubertät erreichen, werden Mobbing, körperliche und sexuelle Gewalt durch Gleichaltrige sowie Gewalt intimer Partner, zusätzlich zur Misshandlung von Kindern zuhause, immer häufiger. Emotionaler Missbrauch und Vernachlässigung hingegen können über die gesamte Altersspanne hinweg geschehen.

Gewalt gegen Kinder – ein Massenphänomen in allen Gesellschaften

Gewalt gegen Kinder tritt nicht nur in ärmeren Gemeinschaften und Gesellschaften auf. Kindesmisshandlungen finden sich massenhaft in allen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern.

Kindesmissbrauch und Vernachlässigung sind weit verbreitet. Nach Schätzungen des CDC hat mindestens jedes siebte Kind im vergangenen Jahr Missbrauch oder Vernachlässigung erlebt.

Neben den Verletzungen und Schmerzen, die sie verursacht, untergräbt Gewalt das Selbstwertgefühl der Kinder und zerstört das Grundvertrauen in andere Menschen, gerade weil sie häufig durch vertraute Personen – Eltern, Lehrer, Geschwister, Mitschüler oder Partner ausgeübt wird. Dies ist besonders schwerwiegend, da sich Kinder in ihrem eigenen familiären Umfeld sicher und geborgen fühlen sollten. Da Gewalt meist im Privaten geschieht, wird sie häufig tabuisiert und bleibt nur bedingt sichtbar. Auch Kinder selbst trauen sich oft nicht, über die erlittene Gewalt zu sprechen - aus Angst, Scham, Hoffnungslosigkeit oder Loyalität den Tätern gegenüber, handelt es sich etwa um die eigenen Eltern.

In ihrer jüngsten Erhebung „A familiar face“ stellte UNICEF im November 2017 folgende Fakten zusammen:

  • Fast 300 Millionen (3 von 4) Kinder im Alter von 2 bis 4 Jahren erleben weltweit regelmäßig disziplinarische Gewalt (körperliche Strafen und/ oder psychologische Aggression) durch ihre Betreuer; 250 Millionen (rund 6 von 10) werden mit körperlichen Mitteln bestraft.
  • Weltweit lebt 1 von 4 (176 Millionen) Kindern unter 5 Jahren mit einer Mutter zusammen, die Opfer von Gewalt in der Partnerschaft geworden ist.
  • Weltweit erleben fast 130 Millionen (etwas mehr als 1 von 3) Schüler im Alter von 13 bis 15 Jahren Mobbing.
  • 732 Millionen (1 von 2) Kinder im Schulalter zwischen 6 und 17 Jahren leben in Ländern, in denen Bestrafung durch körperliche Gewalt in der Schule nicht vollständig verboten ist.
  • Alle 7 Minuten wird irgendwo auf der Welt ein Jugendlicher durch einen Gewaltakt getötet. Allein im Jahr 2015 forderte die Gewalt weltweit rund 82.000 Jugendliche das Leben, wobei Jungen über 80% der Opfer und Täter ausmachen.
  • Weltweit haben rund 15 Millionen jugendliche Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren sexuelle Gewalt erlebt. Dies sind aber nur die offiziell ermittelbaren Zahlen.
  • Basierend auf Daten aus 30 Ländern haben sich nur 1% der jugendlichen Mädchen, die sexuell missbraucht wurden, an professionelle Hilfe gewandt. Es wird von der WHO geschätzt, dass fast jedes fünfte Mädchen (18%) mindestens ein Mal in ihrem Leben sexuell misshandelt wird. Die Schätzungen zu sexuellem Missbrauch bei Jungen liegen bei 8%, wobei von einer deutlich höheren Dunkelziffer ausgegangen wird: Sie suchen noch seltener professionelle Hilfe auf, oder wenn, dann erst im fortgeschrittenen Erwachsenenalter.
  • In neun von zehn Fällen sexuellen Missbrauchs wird dieser durch den Opfern bekannte, meist vertraute Personen entweder im Hause der Opfer oder der Täter begangen.

Die Digitalisierung und die Entwicklung des Internets bringt neue Herausforderungen mit: Fälle von Missbrauch und Gewalt nehmen deutlich zu. Nach Angaben der Internet Watch Foundation (IWF) aus dem Jahr 2018 zeigt eine Webseite alle fünf Minuten Bilder von Kindern, die sexuell missbraucht wurden. Im Jahr 2018 wurden 105.047 URLs mit Bildern von sexuellem Missbrauch identifiziert, die sich vor allem auf die Niederlande (47%) konzentrierten, gefolgt von den Vereinigten Staaten, Slowakei, Russland und Frankreich. 40% der Opfer sind jünger als 10 Jahre. 78% enthielten Bilder von Mädchen, 17% von Jungen und 4% von Jungen und Mädchen.

Die individuellen und sozialen Folgen der Gewalt

Kinder, die missbraucht und vernachlässigt werden, können unmittelbare körperliche Verletzungen wie Schnitte, Prellungen oder Knochenbrüche, sowie emotionale und psychologische Probleme wie beeinträchtigte sozio-emotionale Fähigkeiten oder Angstzustände erleiden.

Gewaltanwendung in jungen Jahren kann aber auch dauerhaft die Gehirnentwicklung und andere Teile des Nervensystems beeinträchtigen, mit lebenslangen Folgen. Gewalt gegen Kinder kann sich daher negativ auf die kognitive Entwicklung auswirken und zu schulischen und beruflichen Defiziten führen.

Wie die Graphik erläutert, kann Gewalt gegen Kinder auch zu einer breiten Palette von nicht übertragbaren Krankheiten im weiteren Lebensverlauf beitragen. Dazu gehören ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes und ein geschwächtes Immunsystem.

Kinder, die Gewalt und anderen Widrigkeiten ausgesetzt sind, haben eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit zu rauchen, Alkohol und Drogen zu konsumieren und ein risikoreiches Sexualverhalten zu zeigen. Chronischer Missbrauch kann zu toxischem Stress führen. Mögliche Folgen: Posttraumatische Belastungsstörungen, Verhaltensstörungen und Depressionen bis hin zum Selbstmord.

Sexueller Missbrauch kann zu ungewollten Schwangerschaften mit induzierten Abtreibungen führen sowie zu gynäkologischen Problemen und sexuell übertragbaren Infektionen, einschließlich HIV.

Häusliche Gewalt und Kindesmisshandlung haben erhebliche Auswirkungen auf den Alltag, die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder sowie ihr weiteres Leben. Je länger und häufiger der Missbrauch dauert, desto gravierender und komplexer die Folgen. Ein fataler Kreislauf setzt ein: Die Gewalterfahrungen und Gewaltbereitschaft im Kindesalter erhöhen auch die Bereitschaft, im Erwachsenenalter Gewalt gegen Kinder auszuüben. Gewalt gegen Kinder hat daher lebenslange Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlergehen von Kindern, Familien, Gemeinschaften und Gesellschaften. Gewalt gegen Kinder macht eine gesamte Gesellschaft kränker und ökonomisch unproduktiver. Sie überträgt sich über Generationen. Gewalt gehört auch zu den wesentlichen Gründen, weshalb Kinder nicht mehr in ihren Familien leben können und in alternativen Betreuungsprogrammen oder in Pflegefamilien untergebracht werden, wie der Bericht „The right to protection. Ending violence against children“ der SOS-Kinderdörfer verdeutlicht.

Gewalt gegen Kinder hat daher immer auch einen sozialen Kontext, der diese begünstigt oder erschwert. Auch wenn Gewalt gegen Kinder nicht nur in sozioökonomisch benachteiligten Gemeinschaften vorkommt, erfahren Kinder, die in Armut leben, mehr Missbrauch und Vernachlässigung. Die Raten von Kindesmisshandlung sind für Kinder in Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status bis zu fünfmal höher als für Kinder in Familien aus höheren Schichten – zeigen nationale Studien beispielsweise aus den USA.

Richard Wilkinson zeigte jedoch in seiner Studie „The social costs of inequality“, dass dies vor allem dann zutreffend ist, wenn in einem Land die sozio-ökonomische Diskrepanz zwischen arm und reich besonders groß ist und zwar unabhängig davon, ob es sich um Industrie-, Schwellen- oder Entwicklungsländer handelt. Es sind die Ungleichheiten im sozialen Gefüge, die die gesamte Gesellschaft schädigen. Dass soziale Ungleichheit das Familienleben schädigt, zeigen höhere Raten von Kindersterblichkeit, Kindesmissbrauch und Schulabbruch. Die Statusangst und der zunehmende Statuswettbewerb sind in ungleichen Gesellschaften auf allen Ebenen der Gesellschaft höher und dürften die höheren Mobbingquoten in Schulen in diesen Ländern erklären. Größere materielle Unterschiede schaffen größere soziale Distanzen zwischen den sozialen Gruppen. Etwa 60 - 70% der Menschen in relativ gleichberechtigten Gesellschaften sind überzeugt, dass sie einander vertrauen können; in ungleichen Gesellschaften ist dies nur bei 20 - 25% der Fall.

Zunehmende soziale Ungleichheit wirkt sich auch negativ auf die soziale Mobilität aus. Materielle Ungleichheit in einer Generation reduziert die Chancen in der nachfolgenden Generation. Armut, Gewalt und soziale Ungleichheit greifen ineinander und bilden so einen sich selbst verstärkenden Kreislauf – und die Kinder trifft es als erstes und aufgrund ihrer Schutzlosigkeit besonders hart.

Naturkatastrophen – die in Folge des Klimawandels weiter zunehmen werden – und bewaffnete Konflikte destabilisieren soziale Systeme zusätzlich und führen zu einer weiteren Zunahme der Misshandlung und Ausbeutung von Kindern in den betroffenen Regionen in Form von Zwangsarbeit, Zwangsverheiratung, Prostitution und Rekrutierung als Kindersoldaten. Die kürzlich veröffentlichte GIZ-Studie „Ausbeutung und Missbrauch von Kindern weltweit beenden" gibt einen Überblick über die globale Lage und formuliert Handlungsempfehlungen für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit.

Allerdings gibt es auch positive Entwicklungen. Mit dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention) von 1989 ist ein rechtlicher Referenzrahmen entstanden, an dem sich die Regierungen aller Länder messen lassen müssen. Mit den Zielen der Agenda 2030 5.2 alle Formen von Gewalt gegen alle Frauen und Mädchen im öffentlichen und privaten Bereich zu beseitigen, 5.3 alle schädlichen Praktiken wie Kinder-, Früh- und Zwangsehen sowie Genitalverstümmelung zu stoppen sowie 16.2 alle Formen von Gewalt gegen Kinder bis zum Jahre 2030 zu beenden wurde dieser Rahmen nochmal bekräftigt und weiter konkretisiert.

Viele Länder haben bereits die Gesetzgebung zum Schutz der Kinder verbessert. Aber: Rechte müssen durchgesetzt werden. Hier fehlt es noch am Durchsetzungswillen wie beispielsweise einer Priorisierung von Maßnahmen, Schulung von Justiz, Polizei und Verwaltung und einer entsprechenden Budgetplanung, wie eine vergleichende Studie in 20 Ländern „Small cracks“,big gaps“ von World Vision aufzeigt. Anderseits ist erfreulich. dass sich das Monitoring der Kinderrechte deutlich verbessert hat. Gesundheits- wie Kinderhilfsorganisationen können inzwischen auf eine Fülle von Erfahrungen zurückgreifen, wie sich der Kreislauf von Armut, sozialer Ungleichheit und Gewalt durchbrechen lässt. Daraus ist ein Gesamtpaket entstanden:

INSPIRE – sieben Strategien zur Gewaltprävention und besseren Hilfe für die Opfer

Die „Global Partnership to End Violence Against Children” wurde am 12. Juli 2016 von UNICEF-Sonderbotschafter Liam Neeson verkündet. Sie soll das Bewusstsein für Gewalt gegen Kinder stärken und Regierungen, Stiftungen, die Vereinten Nationen, die Bevölkerung, die Wissenschaft, den privaten Sektor und junge Leute zusammen bringen, um dem Ziel 16.2. der Agenda 2030 näher zu kommen, alle Formen von Gewalt gegen Kinder zu beenden.

Die globale Partnerschaft führte auch das neue INSPIRE Paket ein, das aus sieben Strategien besteht, um Gewalt gegen Kinder zu verhindern. Dieses wurde zusammen mit der WHO, dem CDC, der Panamerikanische Gesundheitsorganisation, The U.S. President's Emergency Plan for AIDS Relief (PEPFAR), Together for Girls, UNICEF, dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, der Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung und der Weltbank entworfen. Es gilt daher als internationaler Referenzrahmen für die Bekämpfung von Kindesmissbrauch und setzt auf sieben Ebenen an:

  1. Umsetzung und Durchsetzung von Gesetzen: Umsetzung und Bekanntgabe eines schützenden Rechtsrahmens, der Kindesmissbrauch und Ausbeutung von Kindern verbietet.
  2. Normen und Werte: Bekämpfung schädlicher sozialer Normen, welche die Gewalt gegen Kinder fördern, wie z.B. geschlechtsspezifische Ungleichheit − auch durch die Zusammenarbeit mit religiösen Organisationen und kulturellen Institutionen.
  3. Einkommen und wirtschaftliche Stärkung: Einsatz von Strategien wie Sozialgeldtransfers und Mikrofinanzierung zur Verringerung der Armut und zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter.
  4. Sichere Umgebungen: Schaffung sicherer Umgebungen für Kinder und Jugendliche durch Konzentration auf Krisenherde, in denen häufig Gewalt auftritt, und Verbesserung des Umfeldes in den Gemeinden, in denen Kinder leben.
  5. Unterstützung von Eltern und Erziehern: Sowohl durch umfassende individuelle als auch gemeindebasierte Programme, mit dem Schwerpunkt einer positiven Pädagogik zu Hause.
  6. Bildung und Lebenskompetenz: Bereitstellung von Bildung in einem sicheren und geschützten Umfeld, einschließlich effektiver Programme für Lebenskompetenzen, die es Kindern ermöglichen, ihre Rechte zu kennen und für sie einzutreten.
  7. Reaktions- und Unterstützungsdienste: Verbesserung der allgemeinen Kinderschutzstrukturen, einschließlich der Konzentration auf die Bereitstellung wirksamer Reaktionsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen wie Sozialfürsorge, Gesundheit, Justiz und Polizei.

Gewaltprävention in der Praxis

Es gibt bereits eine ganze Reihe von Praxisbeispielen, die zeigen, dass Gewaltprävention funktioniert und wie es geht. Hier nur eine kleine Auswahl aus der deutschen Entwicklungszusammenarbeit:

  • In Afghanistan, wo vielerorts die Prügelstrafe noch zum Schulalltag gehört, führt Save the Children das partizipative Projekt „Gewaltfreie Schulen“ durch und gibt Schulkindern Möglichkeiten an die Hand, gemeinsam mit Lehrern und Lehrerinnen sowie Eltern die Situation an ihren Schulen zu verbessern.
  • Mehr als 12.500 Mädchen und Jungen aus Bolivien, Ecuador, Paraguay, Peru, Honduras und Deutschland haben bereits den Lernparcours „MamMut – Mitmachen macht Mut. Gemeinsam gegen Gewalt“ absolviert und so gelernt „Nein!“ zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu sagen.
  • Ziel des Projektes „Perspektiven für die Jugend“ ist es, in Kirgisistan eine nachhaltige Jugendarbeit aufzubauen. Deshalb arbeitet die GIZ nicht nur unmittelbar mit den Jugendlichen, sondern gemeinsam mit ihren staatlichen und nicht-staatlichen Partnern vor Ort im Jugendsektor zusammen und stärkt zugleich die fachliche Expertise im Ministerium.
  • Zentrales Ziel des Projektes „Inklusive Gewaltprävention“ in Südafrika ist es, Gewaltprävention als Gemeinschaftsaufgabe zu verankern und nicht nur der Polizei und dem Justizwesen zu überlassen. Das Vorhaben unterstützt u.a., das „Youth for Safer Communities“-Projekt. Im Rahmen der Intervention werden gemeinsam mit Jugendlichen Pläne für mehr Sicherheit in ihren jeweiligen Gemeindevierteln entworfen.
  • Das GIZ-Vorhaben „Jugend gegen sexuelle Belästigung“ in Ägypten unterstützte eine Kampagne gegen sexuelle Belästigung von Mädchen und jungen Frauen in der längsten U-Bahnlinie Kairos. In Jugendzentren wurden Selbstverteidigungskurse durchgeführt. Ein Beschwerdemechanismus zum Schutz von Mädchen und Jungen sowie von jungen Frauen und Menschen mit Behinderung ist entwickelt worden und wird nun pilothaft in 20 Jugendzentren in fünf  Verwaltungsbezirken angewendet.
  • Häusliche Gewalt ist in Lateinamerika ein weit verbreitetes Problem. Ein Projekt der SOS-Kinderdörfer zur Stärkung von Familien in El Alto, Bolivien, hat das Ziel, benachteiligten und von Armut betroffenen Familien zu helfen, Bewusstsein über die Folgen innerfamiliärer Gewalt zu schaffen sowie gewaltfreie Erziehungsmethoden und das Wissen über Kinderrechte zu stärken. Das Projekt arbeitet mit lokalen Kinderschutzkomitees zusammen, die sich für benachteiligte und von Gewalt betroffene Familien einsetzen.

Fazit

Es gibt eine ganze Reihe von Projekten, die zeigen, dass sich die Spirale aus Armut und Gewalt durchbrechen lässt, insbesondere dadurch, dass Kinder und Jugendliche gezielt in diese Programme einbezogen werden. Dies verbessert die Programmumsetzung und stärkt die Kinder unmittelbar, vor allem ihr Selbstbewusstsein und soziales Engagement.

Ausgeprägte Bildungs- und Sozialsysteme tragen dazu bei, sowohl die sozialen Unterschiede in der Gesellschaft als auch die Gewaltrate gegenüber Kindern niedrig zu halten.

Trotzdem ist Gewalt gegen Kinder weltweit noch immer allgegenwärtig. Die Einkommensschere geht in den meisten Ländern weiter auseinander, die Ungleichheit steigt. Infolge von Naturkatstrophen und Kriegen sind derzeit so viele Kinder zu Migration gezwungen und so erhöhten Risiken ausgesetzt wie seit dem zweitem Weltkrieg nicht mehr. Das heißt, dass wir noch ganz am Anfang stehen beim Erreichen der Ziele 5.2., 5.3. und 16.2. der Agenda 2030, wonach alle Formen von Gewalt gegen Kinder, Frauen und Mädchen bis zum Jahre 2030 beendet sein sollen. Hier ist mehr Einsatz von allen Verantwortlichen gefragt. Denn Gewalt gegen Kinder betrifft letztendlich uns alle.

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Autoren: Burkhard Vielhaber in Zusammenarbeit mit Christian Neusser, SOS-Kinderdörfer weltweit und dem GIZ Sektorprogramm Menschenrechte inklusive Kinder- und Jugendrechte
info(at)kinder-und-jugendrechte.de
     
erstellt im September 2019, aktualisiert im Janaur 2020

Die Inhalte dieses Artikels geben die Meinung der Autoren und nicht notwendigerweise die der GIZ oder des BMZ wieder.