Der Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten ist ein wichtiges Anliegen internationaler und deutscher Menschenrechtspolitik. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren bedürfen eines besonderen Schutzes und dürfen in bewaffneten Konflikten unter keinen Umständen eingesetzt werden. Zu diesem Zweck bemüht sich die internationale Gemeinscraft um eine stetige Verstärkung des internationalen Systems zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten. Die Bundesrepublik Deutschland engagiert sich in diesem Feld in besonderem Maße und hat alle dfr folgenden internationalen Abkommen ratifiziert.
Das humanitäre Völkerrecht ist ein Sonderrecht für Situationen bewaffneter Konflikte, dass das menschliche Leid im Krieg verringern soll. Gemäß der vierten Genfer Konvention von 1949 und dem ersten und zweiten Zusatzprotokoll von 1977 sind Kinder unter 15 Jahren in internationalen und nicht-internationalen bewaffneten Konflikten als Zivilisten geschützt. Ihre Rekrutierung und ihre Teilnahme an Kampfhandlungen sind verboten. Im Fall einer Beteiligung an Kampfhandlungen genießen sie als Kinder besonderen Schutz.
Die VN-Kinderrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle sind das zentrale Referenzwerk, das die Schutz-, Förder- und Teilhaberechte von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren festlegt. Mit der Ratifikation haben sich 193 Staaten verpflichtet, Kinder in bewaffneten Konflikten zu beschützen und sicherzustellen, dass Menschen unter 15 Jahren weder für die Streitkräfte rekrutiert werden, noch direkt an Kampfhandlungen teilnehmen.
Im Jahr 2000 wurde die VN-Kinderrechtskonvention durch ein erstes Zusatzprotokoll betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten ergänzt (A/RES/54/263). Es verbietet den unmittelbaren Kriegseinsatz und die zwangsweise Rekrutierung von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren.
Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, eine völkerrechtlich verbindliche Erklärung abzugeben, in der das Alter für die freiwillige Rekrutierung ihrer Streitkräfte festgesetzt wird. Dieses muss laut Zusatzprotokoll höher als die in der VN-Kinderrechtskonvention festgelegten 15 Jahre sein. Bis April 2014 haben 155 Staaten das Zusatzprotokoll ratifiziert. Der Jahrestag des Inkrafttretens (12.02.2002) des Zusatzprotokolls wird international als "Red Hand Day" begangen, um gegen den Einsatz von Kindersoldaten zu protestieren.
Das jüngste Zusatzprotokoll regelt ein Individualbeschwerdeverfahren, das die Prüfung von Einzelfällen vor dem VN-Ausschuss für die Rechte des Kindes ermöglicht. Die Bundesregierung gehört zu den Erstunterzeichnerstaaten des Zusatzprotokolls, das im April 2014 kurz nach Hinterlegung der zehnten Ratifizierungsurkunde durch Costa Rica in Kraft getreten ist.
Der VN-Ausschuss für die Rechte des Kindes prüft in regelmäßigen Abständen die Staatenberichte zur Umsetzung der Konvention und seiner Protokolle, und gibt in den sogenannten "Abschließenden Bemerkungen" konkrete Empfehlungen für den jeweiligen Staat ab.
Darüber hinaus tritt eine Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Kinder in bewaffneten Konflikten weltweit für einen besseren Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten ein. In dieser Funktion hat beispielsweise Graca Machel im Jahre 1996 mit der Studie "The Impact of Armed Conflict on Children" ein wichtiges und noch heute viel beachtetes Grundlagenwerk veröffentlicht, das auch in der UNICEF-Studie "Machel Study 10-Year Strategic Review: Children and Conflict in aChanging World" aufgegriffen wurde.
Die Konvention 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) von 1999 verbietet den Einsatz von Kindern unter 18 Jahren für jegliche Arbeit, die ihre Gesundheit, Sicherheit und moralische Entwicklung gefährdet. Dieses Verbot gilt explizit auch für die "Zwangs- und Pflichtrekrutierung von Kindern für den Einsatz in bewaffneten Konflikten".
Die Europäische Union (EU) hat im Dezember 2003 Leitlinien zu Kindern und bewaffneten Konflikten verabschiedet, um den Kampf der EU gegen den Missbrauch von Kindern in bewaffneten Konflikten effektiver zu gestalten. Die Leitlinien, die 2008 aktualisiert wurden, definieren die Förderung und den Schutz der Rechte von Kindern als Priorität der internationalen Menschenrechtspolitik der EU. Auch beinhalten sie konkrete Handlungs- und Zielvorgaben für Maßnahmen der EU gegenüber Drittländern. Schwerpunkte sind unter anderem Leitlinien und Maßnahmen zur Verhinderung der Rekrutierung von Kindern und zur gesellschaftlichen Reintegration von Kindersoldaten.
Die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
Zwischen 1999 und 2014 hat der VN-Sicherheitsrat zehn Resolutionen bezüglich Kinder und bewaffneter Konflikte verabschiedet. Resolution 1379 (2001) zum Beispiel verpflichtet den Generalsekretär der Vereinten Nationen im Rahmen eines jährlichen Berichts die Staaten und bewaffneten Gruppen, welche Kindersoldaten rekrutieren und einsetzen, öffentlich zu benennen.
Mit Resolution 1612 (2005) wurde ein Überwachungs- und Berichtssystem von Verbrechen gegen Kinder eingeführt. Es dient der Veröffentlichung von Länderberichten über die Situation der Kinder in bewaffneten Konflikten und der Sammlung von Informationen über die sechs schweren Verbrechen gegen Kinder: Tötung und Verstümmelung; Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten; Vergewaltigung und Anwendung sexueller Gewalt; Entführungen; Angriffe auf Schulen und/oder Krankenhäuser; Verhinderung des Zugangs zu humanitärer Hilfe.
Regierungen und bewaffnete Gruppen, die gegen die ersten drei Tatbestände verstoßen, werden im jährlichen Bericht des VN-Generalsekretärs zur Lage von Kindern in bewaffneten Konflikten benannt und auf eine Liste gesetzt (Liste der Schande). Die gelisteten Parteien werden diskreditiert; auch können gegen sie Sanktionen verhängt werden. Außerdem fordert Resolution 1612 Konfliktparteien dazu auf, Aktionspläne zur Beendigung der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindersoldaten aufzustellen. Grundlage sind in der Regel sogenannte Entwaffnungs-, Demobilisierungs- und Reintegrationsmaßnahmen. Aktuelle Beispiele sind Vereinbarungen mit Konfliktparteien in DR Kongo, Südsudan, Somalia und Myanmar. Die hierzu eingerichtete Arbeitsgruppe des VN-Skherheitsrats prüft neben Fortschritten bei der Entwicklung und Implementierung von Aktionsplänen ebenso die
Umsetzung von internationalen Abkommen.
Mit Resolution 1882 (2009) und Resolution 1998 (2011) ist das Überwachungs- und Berichtssystem weiter ergänzt und die noch immer stattfindenden
Verbrechen gegen Kinder verurteilt worden. In Resolution 1998 (2011) wird insbesondere der Angriff auf Schulen und Krankenhäuser geächtet. Die Resolution verpflichtet Staaten, die sich in Konflikten befinden, das Recht von Kindern auf Bildung und Gesundheitsdienstleistungen zu gewähren.
Im September 2012 wurde auf deutsche Initiative außerdem Resolution 2068 angenommen, welche den Sicherheitsrat dazu anhält, neue Maßnahmen zum Umgang mit Konfliktparteien zu finden, die wiederholt Kinderrechte verletzen.
Mit seiner jüngsten Resolution (2143) vom März 2014 verurteilt der Sicherheitsrat wiederholt die noch immer stattfindende Rekrutierung von Kindern und
ihren Einsatz in bewaffneten Konflikten
Im Februar 2007 hat die Bundesregierung an einer von Frankreich und der UNICEFausgerichteten Konferenz mit dem Titel "Befreit die Kinder vom Krieg" teilgenommen. Auf dieser Konferenz wurden die so genannten Pariser Prinzipien verabschiedet ("Principles and guidelines on children associated with armed forces or armed groups"). Mit ihrer Unterzeichnung haben sich die teilnehmenden Staaten verpflichtet, Streitkräften eines Staates oder bewaffneten Gruppen zugehörige Kinder und Jugendliche unter 18Jahren zu entwaffnen und ins zivile Leben zurückzuführen. Täter, die Kinder rekrutiert und eingesetzt haben, sollen bestraft werden.
Auf Initiative von UNICEF fand in New York im Jahr 2002 ein Weltkindergipfel statt. Das Abschlussdokument, "Eine kindgerechte Welt" enthält eine Agenda
mit Zielen und Handlungsschritten zu einem besseren Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten. UNICEF ist die internationale Organisation, die sich
primär für die Rechte von Kindern einsetzt. Daher haben die Empfehlungen der Kinderschutzorganisation für die Bundesregierung eine besondere Bedeutung. UNICEF fordert alle Staaten und bewaffneten Gruppen auf, das Zusatzprotokoll zur VN-Kinderrechtskonvention zu ratifizieren und Jugendlichen unter 18 Jahren den Dienst an der Waffe zu verbieten. Weitere Forderungen beziehen sich auf die Demobilisierung von Kindersoldaten und die Vernichtung ihrer Waffen und die Erschwernis der Verbreitung von Kleinwaffen durch verbindliche internationale Abkommen. Der Umsetzung von Sanktionen gegen Personen, die Menschen- und Kinderrechte verletzt haben sowie die Verantwortung von Tätern vor dem Internationalen Strafgerichtshof gebührt ebenfalls große Aufmerksamkeit.
Das Römische Statut ist ein internationaler Vertrag, durch den der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag geschaffen wurde. Das Statut wurde im Jahr 1998 von 120 Staaten unterzeichnet und trat im Jahr 2002 in Kraft. Nach Artikel 6 gilt die gewaltsame Überführung von Kindern einer Gruppe in eine andere Gruppe mit der Absicht der Zerstörung einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe als Tatbestand des Völkermords. Artikel 7 erklärt Kinderhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ferner gelten gezielte Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser und die Rekrutierung und der Einsatz von Kindern unter 15 Jahren nach Artikel 8 als Kriegsverbrechen. Aufgabe des Internationalen Strafgerichtshofs ist es, Täter auf Grundlage dieser Rechtsvorschriften individuell strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
-------------------------------------------------
Quelle:
Kinder- und Jugendrechte konkret
Informationen zu den Rechten junger Menschen in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit
S. 38ff.
-------------------------------------------------
Weiter:Zentrale Herausforderungen und Ansätze der deutschen Entwicklungszusammenarbeit