Das Recht auf einen Namen und eine Nationalität

Herausforderungen und Ansätze

Hemmnisse und Widerstände

Trotz internationaler Vereinbarungen und verbreiteter Anerkennung der Bedeutung sind vor allem in Entwicklungsländern die Raten der Geburtenregistrierung niedrig.

Gründe sind insbesondere:

  • Fehlender politischer Wille als ein häufiges Hindernis für notwendige Veränderungen oder Reformen.
  • Mangelnde oder ungenügende Ressourcen und Infrastruktur eines Staates und unzureichend qualifiziertes Personal.
  • Unzureichende Kenntnis der Bevölkerung, Analphabetismus der Eltern und Scheu vor Behörden oder auch mangelnde Einsicht in die Notwendigkeit einer Registrierung.
  • Kostenpflicht und hoher administrativer Aufwand. In einigen Ländern ist mit der Registrierung
    ein aufwendiger administrativer Vorgang verbunden, der zudem das Vorhandensein anderer, meist ebenfalls kostenpflichtiger, staatlicher Dokumente sowie finanzieller Ressourcen voraussetzt. Hierdurch wird Registrierung oftmals zu einem unüberwindbaren finanziellen Hindernis
  • Infrastrukturelle Hindernisse, zum Beispiel weite Wege bis zur nächsten Registrierungsbehörde
    und damit verbundene Reisekosten sowie Mangel an einem dezentralen oder mobilen Registrierungssystem.
  • Ein ungeklärter Aufenthaltsstatus und kein Zugang zu den Heimatbehörden von Flüchtlingen und Migranten und Migrantinnen.
  • Nicht- Registrierung von Geburten als Instrument für die Diskriminierung marginalisierter Bevölkerungsgruppen wie religiöse oder ethnische Minderheiten, Migranten und Migrantinnen oder Kinder aus binationalen Ehen.
  • Strukturelle Benachteiligung von Frauen und Mädchen, beispielsweise wenn es Müttern verweigert wird, ihr Kind auch ohne die Zustimmung und/oder Anwesenheit des Vaters registrieren zu lassen oder nur die Staatsangehörigkeit des Vaters angenommen werden kann.
  • Angst vor Repressionen, beispielsweise vor gezielter ethnischer Verfolgung. Aber auch Bewohner und Bewohnerinnen von informellen Siedlungen wollen sich oftmals aus Angst vor Vertreibung nicht registrieren lassen.
  • Mangelndes Vertrauen in die Regierung und in die Sicherheit des vertraulichen Umgangs mit den Daten.

Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit

Internationale Initiativen

Richtungsweisend auf internationaler Ebene ist aktuell die UN Global Strategy for Women's and Children's Health - durch das VN-Generalsekretariat im Jahre 2010 veröffentlicht und von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) etabliert. Für die Umsetzung dieser Strategie hat die Commission on Information and Accountability for Women's and Children's Health zehn Empfehlungen erarbeitet. Die Kommission empfiehlt insbesondere, dass im Jahre 2015 alle Länder erkennbare Schritte unternommen haben sollen, um funktionierende Registrierungssysteme einzurichten. Die Nutzung moderner Informationstechnologie spielt dabei eine wichtige Rolle. Effektive Registrierungssysteme
werden zudem eine elementare Voraussetzung für die Entwicklung und Erreichung von Entwicklungszielen im Rahmen einer post-20I5 Agenda sein. Die Bedeutung von Geburtenregistrierung für gute Regierungsführung wurde daher beispielsweise als empfohlener Zielindikator im Bericht des "High-Level Panel of Eminent Persons on the Post-20I5 Development Agenda" integriert.

Beispiele erfolgreicher Kampagnen im Bereich der Geburtenregistrierung hat unter anderem das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) veröffentlicht. Eine mögliche Strategie zur Erreichung einer flächendeckenden Geburtenregistrierung ist die Verbindung von Geburtenregistrierung mit anderen Programmen im Bildungs- und Gesundheitswesen. Erfolge wurden hierbei durch Registrierungskampagnen im Rahmen von Schulanmeldungen und Impfkampagnen erzielt. Eine weitere zentrale Maßnahme ist die kontinuierliche Schulung von Registrierungshelfer und helferinnen, Gesundheitshelfern und helferinnen und anderem beteiligten Personal. Die Nutzung bereits bestehender Systeme, wie das Einscannen handschriftlicher Register und deren Optimierung durch Schulung und Training der zuständigen Akteure kann ebenfalls eine praktikable Lösung bieten.

Ein innovativer Beitrag ist aktuell die Nutzung von Mobilfunknetzen und die mobile Registrierung per SMS.

Die Bundesregierung unterstützt in ihrer Zusammenarbeit mit UNICEF die Steigerung von Geburtenregistrierungsraten sowohl durch zweckgebundene Beiträge als auch durch bilaterale Kooperationen in der Technischen Zusammenarbeit.

Die Europäische Union (EU) fördert die Ausstellung von Geburtsurkunden für Kinder in Afrika und Asien derzeit mit rund 6 Millionen Euro. Das gemeinsame Projekt von EU und dem Kinderhilfswerk UNICEF unterstützt Familien bei der Registrierung ihrer neugeborenen Kinder und zielt explizit darauf ab, ihre Rechte zu schützen.

Initiativen der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit

Die deutsche staatliche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) leistet vielfältige Beiträge zur Umsetzung von Kinder- und ]ugendrechten im Rahmen des menschenrechts basierten Ansatzes der deutschen Entwicklungspolitik. Dazu gehört auch die Unterstützung von Kooperationsländern bei der Verbesserung von Geburtenregistrierungen als zentrales Anliegen.

Dabei steht die Förderung der Registrierung von Geburten im Rahmen der technischen Zusammenarbeit (TZ) im Vordergrund. Im Bereich guter Regierungsführung leisten Vorhaben der TZ Beiträge zum Aufbau und zur Verbesserung des Einwohnermeldewesens sowie zur Ausbildung von Personal im staatlichen Dienst. Gleichzeitig werden Strukturen etabliert, die eine nachhaltige Geburtenregistrierung ermöglichen. In Peru, Bolivien, Ecuador und Paraguay fördert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit die Umsetzung des Rechts auf Identität der ländlichen und marginalisierten Bevölkerung. Das überregionale Vorhaben wird in Kooperation mit der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und dem Panamerikanischen Programm für Zivile Identität (PUlCA) durchgeführt.

Durch Kampagnen erhielten zehntausende Arme Geburtsurkunden und Personalausweise, und die Meldebehörden lernen, ähnliche Kampagnen in Zukunft selbst durchzuführen. Aufgrund des großen Erfolgs des Projekts hat PUICA-OAS ein Nachfolgevorhaben unter Einbezug von Kolumbien beantragt. Außerdem unterstützt Deutschland über eine Dreieckskooperation die Wissensvermittlung der peruanischen an die paraguayische Meldebehörde zur Ausbildung von Standesbeamten. Diese Projekte fördern auch ein geschlechterspezifisches Vorgehen, damit Mädchen in gleichem Umfang wie Jungen registriert werden.

------------------------------

Zurück: Das Recht auf einen Namen und eine Nationalität

-------------------------------------------------

Quelle:

Kinder- und Jugendrechte konkret
Informationen zu den Rechten junger Menschen in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit
S. 10ff.

-------------------------------------------------