Geschlechtergrechtigkeit und die Förderung von Mädchen und jungen Frauen

Bekämpfung von Kinderheirat

Kinderheirat ist eine schädliche (traditionelle) Praktik, die in vielen Gesellschaften weit verbreitet ist. Insbesondere für Mädchen bedeutet eine frühzeitige Ehe zahlreiche gesundheitliche Risiken und eine starke Einschränkung ihrer Selbstbestimmung und Entwicklungsmöglichkeiten.

Die Gründe für Kinderheirat sind je nach Land und Region sehr unterschiedlich. Prinzipiell ist die Armut der Familien die treibende Kraft für eine frühe Verheiratung. Die Eltern haben meist die besten Absichten, sowie es ihre Tradition und Kultur vorsieht. Dabei hegen sie die Hoffnung, dass ihre Töchter ein besseres Leben haben mögen.

Jedoch spielt die niedrige gesellschaftliche Stellung von Mädchen und Frauen eine ursächliche Rolle.

In Kriegs- und Krisensituationen wird daher besonders häufig die Verheiratung junger Mädchen aus einem Streben nach Sicherheit und Schutz als einzige Möglichkeit der finanziellen und sozialen Absicherung ergriffen. 

Viele Mädchen und junge Frauen müssen im Falle einer Heirat ihren Schulbesuch abbrechen oder ihre Ausbildung vorzeitig beenden. In der Folge sind Frauen im erwachsenen Alter, insbesondere nach einer Scheidung oder Verwitwung, oft wirtschaftlich abhängig und auf die soziale Absicherung, z.B. durch Kinder angewiesen. Das Ausscheiden vieler Mädchen aus dem Bildungssystem führt dabei zur spürbaren Verminderung wirtschaftlicher Leistungen eines Landes.

Zu den schwerwiegenden gesundheitlichen Risiken gehören frühe Schwangerschaften. Das Risiko für 15- bis 18-jährige Mädchen, während der Schwangerschaft oder Geburt zu sterben, ist doppelt so hoch wie bei Frauen, die über 20 Jahre alt sind. Für Mädchen unter 15 Jahren ist das Risiko sogar fünfmal so hoch.

Neben körperlichen Gesundheitsrisiken, zu denen auch eine erhöhte Vulnerabilität in Bezug auf sexuell übertragbare Krankheiten gehört, einschließlich HIV/Aids, haben frühe Ehen gravierende psychische Folgen. Viele Mädchen sind nach der Heirat meist isoliert von ihrer Gemeinschaft, ihrer Familie und ihren Freunden. Starre diskriminierende gesellschaftliche Strukturen führen dazu, dass sie sich in der Regel in einer Position der Macht- und Schutzlosigkeit und ohne Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe befinden. Ein großer Altersunterschied zwischen den Mädchen und den Ehemännern verstärkt die Nachteile. Körperliche und sexuelle Ausbeutung, Missbrauch, häusliche Gewalt bis hin zu Zwangsarbeit und Sklaverei gehören zum Alltag zahlreicher Mädchen und jungen Frauen in der Ehe.

Handlungsfelder für die Entwicklungszusammenarbeit

Strategien und gezielte Maßnahmen, die darauf abzielen, nachhaltig eine schützende und fördernde Umgebung für die Entwicklung von Mädchen und Jungen zu schaffen, müssen an den komplexen Ursachen für die Verheiratung im jungen Alter ansetzen. Konkrete Ansatzpunkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit:

  • Reduzierung von Armut, die Förderung sozialer Inklusion und gezielte (staatliche) Investitionen in das Wohl des Kindes als übergeordnetes Ziel.
  • Gute Regierungsführung mit leistungsfähigen staatlicher Institutionen und Bekämpfung gesellschaftlicher und rechtlicher Diskriminierung.
  • Zugang zu Informationen, beispielsweise im Hinblick auf schulisch und außerschulisch verankerte Sexualaufklärung oder (generationenübergreifende)
  • Sensibilisierung unter Einbeziehung aller relevanten Akteure und religiöser und lokaler Autoritäten.
  • Zugang zu einer qualitativen Bildung, insbesondere Sekundarbildung. Förderung von Schutz und adäquater Betreuung von akut durch Zwangsheirat bedrohten Mädchen und Frauen, z.B. in Schutzeinrichtungen und Notunterkünften.
  • Förderung von Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen sowie die Stärkung einkommensschwacher Familien und alleinerziehender Elternteile durch funktionierende soziale Sicherungssysteme.
  • Gesundheitsdienste und Informationen zur Förderung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte, inklusive Familienplanung, die frei von Diskriminierung verfügbar und an die Bedürfnisse von Heranwachsenden angepasst sind. Hierzu gehört auch eine informierte und selbstbestimmte Entscheidung über den Zeitpunkt der Familiengründung sowie die Anzahl der Kinder.
  • Verfügbarkeit von Bevölkerungsdaten, aufgeschlüsselt nach Alter, Geschlecht, geografischer Herkunft, sozio- ökonomischem Status.
  • Implementierung funktionierender Monitoringsysteme, v. a. auf lokaler Ebene, als Voraussetzung für umfassende Schutzsysteme und zielorientierte Planungen.